Es ist eine besondere Gruppe in der Evangelischen Kirchengemeinde Wetzlar Bezirk Gnadenkirche: „Bibel und Bier“, eine bunt gewürfelte Gruppe von Frauen und Männern aus Wetzlar und auch anderen Gemeinden, jeden Alters, aus vielen verschiedenen Berufen. Dabei viele Motorradfans. „Ich habe vor 12 Jahren durch meinen Kontakt in der Lutherakademie in Ratzeburg von einer solchen Gruppe am Rande Berlins erfahren. Und mitgebracht nach Wetzlar“, so Pfarrer Christian Silbernagel, der auch immer wieder Motorradausfahrten und -freizeiten organisiert. Es war zuerst gedacht als Männerkreis, aber gleich gestartet mit Frauen; „Bibel und Bier“ ist er ein offener Ort der Diskussion, aber auch der Spiritualität und inzwischen für alle längst ein Stück Heimat in einer lebendigen Gemeinde.

Aktuelle Themen, Zeitansagen, Krisenthemen – immer biblisch verknüpft  – bereitet Silbernagel einmal monatlich vor. Jüngst ging `s auch um die persönliche und auch kirchliche Bewältigung von Corona-Einschränkungen und -bewältigung im Vergleich zu Ereignissen aus der Bibel um schwer erträgliche Lebens-einschneidende Grenzsituationen der Menschen. Breit sind die Themenspektren in vielen Jahren gewesen wie zum Beispiel „Joseph Beuys, Westkirche und Ostkirche, Sklaverei in unserer Zeit, Kirche im Pluralismus, Unser Bild von der Welt, Galaterbrief, Vergleich verschiedener Bibelübersetzungen, Luther über das Bier, Warum Männer oft nicht gern in die Kirche gehen“; zu allen Themen wird ein biblischer Bezug hergestellt, ein Anstoß, vielleicht anders oder neu zu denken und die Welt aus anderer, auch christlicher Perspektive zu sehen. Auch die Themen „Künstliche Intelligenz als Ersatz für den Menschen?“ und „Religion und Evolution“ wurden intensiv diskutiert. „Ein bereichernder Abend ist es jedes Mal“, ist man sich einig.  Es ist ein gastfreundlicher Kreis. Bis zu 20 Personen treffen sich, in diesem Jahr immer auf Abstand, draußen im Pfarrgarten.

In der Mitte des Tisches liegt grundsätzlich die alte Familienbibel aus dem Jahr 1716 der berühmten Wetzlarer Unternehmerfamilie Christian Kremp – ein Geschenk an die Kirchengemeinde. Sie wiegt enorme 6 Kilo und 352 Gramm. Drum herum stehen kleine kulinarische Genüsse und verschiedene Biersorten aus aller Welt, in diesem Jahr auch aus Dänemark und Österreich. „Je nachdem, wo wir gerade bei Reisen andere interessante Sorten gefunden haben – und natürlich auch alkoholfreies“, so Eberhard Hof und Rainer Förster aus Aßlar, die am längsten dabei sind. Viele der Beteiligten stammen aus der Motorradarbeit des Pfarrers.

Begeht man jetzt das zehnjährige Jubiläum dieses Jahr, so wird ein wenig resümiert und man erinnert sich dankbar, dass Vieles für die Gesamtgemeinde aus diesem Kreis erwachsen ist: zum Beispiel die seit vielen Jahren stattfindende Gründonnerstagfeier zur Erinnerung des letzten Abendmahls

Jesu in der Gnadenkirche: an einem langen Tisch unter dem Taizé-Kreuz, wie man das von berühmten Gemälden über „Das Abendmahl Jesu“ kennt. Und auch an das Projekt „Jugend und Motorrad“, als man zwei Motorräder anschaffte, die Jugendliche dann zu reparieren und restaurieren lernten.

Bericht und Fotos: Heidi J. Stiewink

1) „Bibel und Bier“ -Runde im Pfarrgarten an der Gnadenkirche, in der Mitte die mehr als sechs Kilo wiegende Bibel der Unternehmerfamilie Christian Kremp.
2) Die alte Bibel wird als ein großer Schatz bewahrt und jeden Monat in die Mitte gelegt-symbolisch und praktisch. Links Eberhard Hof und rechts Pfarrer Silbernagel.